Wenn Zukunftsorte
erzählen…

September 2013, Marlis Stubenvoll
Mitte der 80er-Jahre realisierte die Gemeinde Weibern ein neues Ortszentrum mit Brunnen, Parkbänken und Pavillon. Nur die Menschen fehlten, die den Raum nutzten. Das Zentrum funktionierte nicht als kommunikativer Mittelpunkt, wie in vielen anderen Gemeinden.
Die Gruppe Die Fabrikanten aus Linz, die seit zwanzig Jahren Kunstprojekte und Kommunikationskultur verwirklichen, begegneten der Leere des künstlich geschaffenen Ortszentrums mit dem Dorfbod'n. Die 150m2 große Holzfläche lud die BürgerInnen im Sommer 2000 hundert Tage lang dazu ein, alle kulturellen Aktivitäten ohne Zensur in den öffentlichen Raum zu verlegen. Lokale Musiker, Ortsgruppen, die Pfarre, der Kindergarten oder Einzelpersonen bespielten die Freifläche. "Es gab kein Projekt ohne lokale Beteiligung", sagt Wolfgang Preisinger, der sich Weibern für die Realisierung dieser Idee ausgesucht hat. Ein Eintrag im Zeitplan neben dem Boden genügte, um ihn für ein paar Stunden zur eigenen Bühne zu machen.
Das Konzert eines Oldie-Trios, gemeinsames Fußball-EM-Schauen, Realkunstprojekte, Lesungen, eine Ortsolympiade und eine Fronleichnamsprozession - die Grenzen zwischen Hochkultur und Alltag, Veranstalter und Publikum verschwimmen auf den Holzbrettern und verlieren an Bedeutung. Die Offenheit der Fläche sorgte für Toleranz, schuf neues Engagement und machte Kunst sichtbar, die immer schon unbemerkt im Ort passierte. Neben 40 im Vorfeld organisierten Veranstaltungen meldeten weitere 40 Personen spontan ihre Beiträge an und übertrafen damit die Erwartungen der Fabrikanten sowohl in Qualität als auch in Quantität.
"Im Ort gibt es einige offene Menschen, die schon viel für den Kulturbereich geleistet haben", erklärt Preisinger. "Wir haben uns Weibern auch deshalb ausgesucht, weil wir von der Offenheit des Bürgermeisters gehört haben". Bürgermeister Gerhard Bruckmüller ließ eigene Ideen einfließen und formte den Dorfbod'n in seiner Ausführung mit. Er leistete nicht nur Überzeugungsarbeit und konnte alle Parteien für die Idee gewinnen, sondern bespielte den Platz mit einer Gemeinderatssitzung selbst und repräsentierte das Projekt nach außen hin.
Am Ende entzündeten sich Diskussionen um den Weiterbestand des Bodens. Der Dorfbod'n ist nun in einem Stadl eines Wirten integriert, der Ortsplatz hat wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild. Als Folgeprojekt entstand ein multifunktionaler Kunstraum (MuFuKu) im leerstehenden Dachgeschoss der Gemeinde, der Kunstveranstaltungen aller Art beherbergt. Was bleibt, ist auch ein neues Selbstbewusstsein der BürgerInnen, die ihre eigenen Aktivitäten im Museum für Angewandte Kunst MAK und im Architekturzentrum in Wien präsentieren durften.
Experten-Links:
Die Fabrikanten, www.fabrikanten.at