Wenn Zukunftsorte
erzählen…

August 2013, Marlis Stubenvoll
Kopfarbeit produziert "handmade beanies", also handgemachte Hauben. Wer strickt bei euch?
Grundsätzlich haben wir die Marke Kopfarbeit zu dritt gegründet: Steffi, das ist meine Freundin und Protagonistin der Idee, meine Schwester und ich. Anfangs haben wir alles selbst gestrickt und da muss man etwas genauer werden - wir stricken nicht, wir häkeln, teilweise auch mit sehr alten, fast vergessenen Maschen, die sich meine Schwester und meine Freundin von ihren Müttern und ihren Omas abgeschaut haben. Auch die Mütter und Omas arbeiten fleißig mit, ab und zu. Mittlerweile ist das Ganze aber so gewachsen, dass wir Angestellte haben.
Wem kam die Idee, gerade Hauben zu produzieren?
Steffi war immer auf der Suche nach der richtigen Haube für ihren Lieblingssport. Wir sind selber begeisterte Snowboarder, Surfer und Wakeboarder. Sie hat sich 2009 mit ihrer Mutter und Oma hingesetzt und gesagt: "Jetzt lernt ihr mir das Häkeln, ich mache mir die Haube selber." Bald wollte der Freundeskreis auch Hauben von ihr. So ist das gewachsen, bis wir 2011 aus der Idee ein Unternehmen unter den Regeln des Social Business gemacht haben. Das sind wichtige Aspekte für uns: regionale Produktion, geringe Transportwege, nachhaltige Materialien.
2011 ist noch nicht lange her - habt ihr euch vorgestellt, dass euer Unternehmen so schnell wächst?
Die, die uns kennen, wissen: Wenn wir so etwas auf ein professionelles Niveau heben, dann haben wir einen Plan dahinter. Wir waren auf Unmengen an Messen, Ausstellungen und Sportsponsoring-Events wie zum Beispiel der österreichischen Wakeboard-Tour. Unsere Sozialprojekte sind uns auch sehr, sehr wichtig. 2012 waren wir Partner der Pink Ribbon Brustkrebshilfe. Außerdem unterstützen wir "Therapeutisches Wellenreiten für krebskranke Kinder" auf Sylt.
Was unterscheidet euch von anderen Hauben? Anbieter gibt es viele...
Wie Sand am Meer! Mittlerweile kann sich fast jeder selber eine Haube häkeln. Aber wer eine unserer Hauben neben einer selbstgehäkelten Haube sieht und anfasst, hat ein anderes Produkt in der Hand. Der Produktionsprozess, die Farbübergänge, die Masche, die Abnäharbeit, die Qualität der Wolle haben wir so weit es geht perfektioniert. Mit der Premium-Kollektion und der Active-Kollektion haben wir zwei Kollektionen, die in den High-End-Sektor hineingehen. Wir kombinieren trotz allem ein industrielles Produkt mit Handarbeit. Das gibt es so am Markt nicht. Bei der ISPO, der größten internationalen Sportartikelmesse, wurde unsere Active-Kollektion unter 250 Bewerbern mit dem Brand New Finalist Award ausgezeichnet.
Eure Hauben werden alle individuell hergestellt. Wie kann man sich das vorstellen?
Diese Basisidee war genau der Grund, warum wir die Marke gegründet haben – die Suche nach der perfekten Haube für jeden Einzelnen. In der Klassikkollektion gibt es Unmengen an Mustern, Farben und Modellen, die sich der Kunde selbst zusammenstellt. Wir haben sogar Leute, die uns ein Foto von ihrem Snowboard-Outfit schicken und nach der passenden Haube fragen.
Gibt es bestimmte Vorteile oder Nachteile der Produktion am Land?
Ein Vorteil ist mit Sicherheit, dass man hier die Bereitschaft der Leute findet, die gerne für ein handgefertigtes Produkt arbeiten. Da ist uns der persönliche Kontakt besonders wichtig. Einen Nachteil sehe ich eher darin, dass es in ländlichen Bereichen schwieriger ist, geeignete Büros oder Plätze oder Räume zu finden, wo eine Firma nachhaltig wachsen kann.
Es gibt gerade in Ottensheim besonders viele kleine Start-Ups und Menschen, die sich an neue Projekte herantrauen - was könnte der Grund dafür sein?
Vielleicht ist es Zufall, vielleicht ist der Mut zur Selbstständigkeit größer. Ich finde es toll und würde mir auf jeden Fall wünschen, dass es mehr wird. Woran es aber fehlt sind Mietflächen. Man hat es mit der Infrastruktur in der Stadt sicher manchmal leichter, aber ich liebe das Landleben, ich liebe das Dorfleben. Jeder kleine Start-Up- oder Mittelbetrieb, der am Land bleibt, bekennt sich zur Gemeinde.
Haben Internetvertrieb und Social Media einen Einfluss darauf, dass der Standort flexibler wird?
Ja, mit Sicherheit. Unser Produkt wird derzeit zu 70% über den Online-Versandhandel vertrieben. Aber der Standort ist immer wichtig. Wenn wir auf einer internationalen Messe sagen, dass unsere Haube aus dem Mühlviertel kommt, weckt das immer ein Lächeln, ist aber genauso ein Garant für Qualität und Handwerk.
Trotz lokaler Produktion seid ihr international unterwegs. Auf eurer Facebookseite liest man auch Postings wie "Ich bin gerade mit eurer Haube in Frankreich Wakeboarden".
Wir animieren die Leute dazu, uns Fotos zu schicken. Wir wollen wissen, wo unsere Hauben in der Weltgeschichte herumkommen. Bis Alaska oder Sibirien haben die Leute unsere Hauben mit. Und in Frankreich am Strand genauso.
Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit anderen professionellen Kräften?
So wie es im Fashion-Business läuft, muss man auch ein kleines Produkt wie eine Haube in Szene setzen. Wir machen zu jeder Kollektion ein eigenes Fotoshooting, erforschen den Markt vorab nach aktuellen Trends, gehen auf internationale Modemessen, um wirklich am Puls der Zeit zu sein. Die letzte Winterkollektion haben wir im neuen Gemeindehaus in Ottensheim fotografiert. Wir sind auf der Suche nach einer Location zu Uli Böcker, der Bürgermeisterin, gegangen. Sie war gleich Feuer und Flamme und hat uns die Gemeinde empfohlen, die mit ihrer Kombination aus Alt und Neu definitiv ein architektonisches Highlight ist.
Experten–Links
Kopfarbeit, www.kopfarbeit-beanies.at