Nenzing


Mit Mehrsprachigkeit
und Kunst
entfaltet Nenzing
sein Potential.



Zukunftsorte: Kunst und Sprachen für die Industriegemeinde

Schiffskräne, Skischanzen und innovative Sprachprogramme entstehen in der Vorarlberger Gemeinde Nenzing. Der jüngste Zugang im Ideennetzwerk "Zukunftsorte" punktet außerdem mit viel Engagement für Kultur und Soziales. Die Zukunftsorte Nenzing, Hinterstoder,  Zwischenwasser, Moosburg, Neckenmarkt, Munderfing und Werfenweng suchen gemeinsam neue Wege für die Zukunft am Land.

Thomas Gamon ist das wandelnde Lexikon der 6000-Seelen-Gemeinde Nenzing. Der Gemeindearchivar deutet auf die zahlreichen Fabriken am Talboden von Nenzing und erklärt, welche Firma eine Skischanze produzierte und wo gigantische Schiffskräne entstehen. "Nenzing war immer schon eine Industriegemeinde", erzählt er. Ein erstes Wasserkraftwerk ermöglichte schon 1879 Gewerbe in großem Ausmaß. Heute noch verfügt der Ort über bedeutende Wirtschaftskraft.

"Der Ort blüht immer mehr auf", freut sich Gamon. Einerseits macht die starke Wirtschaft viele Projekte der Gemeinde erst finanziell möglich. Andererseits ziehen gerade die gute Infrastruktur, das kulturelle Programm und die sozialen Einrichtungen große Firmen an, um sich hier niederzulassen.

Sprachenvielfalt als Chance

Nenzing war früher der Mittelpunkt der Zugstrecke Wien-Paris und verfügt mit der Schweiz und Liechtenstein über die längste EU-Außengrenze. Über 40 verschiedene Nationen sind heute hier  versammelt. An den Fenstern der Volksschule im Ortszentrum flattern bunte Banner mit der Aufschrift "Grüß Gott", "Hello" und "Merhaba".

Sprachenvielfalt versteht die Gemeinde als Potential und nicht als Problem. Das Projekt Sprachfreude unterstützt Kindern nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen im Erwerb von Deutsch als Bildungssprache und fördert gezielt ihre Mehrsprachigkeit. Vom Kindergartenalter an begleiten kompetente Pädagoginnen und Pädagogen die Kinder im Kontakt mit Deutsch, Englisch und ihrer Muttersprache. Die "Sprachfreude" holt Kinder, Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen ins Boot.

Vor kurzem entstand ein Mütterkreis: Die diplomierte Lerntrainerin Manuela Raunegger und die Mütterkreisleiterin Sebiha Bayrak vermitteln Müttern mit nichtdeutscher Muttersprache, wie sie ihren Kindern bei den Hausübungen helfen können. Mittlerweile zeigen auch andere Gemeinden und die Stadt Knittelfeld Interesse an dem Pilotprojekt.2010 würdigte das Europäische Sprachen-Innovationssiegel (ESIS) die Vorreiterrolle des Zukunftsortes.

Kultur von unten hinauf

Eine Auszeichnung gab es auch für die Kulturarbeit des Ortes. Die Breite des Programms und das gute Klima zwischen Gemeinde und Kulturschaffenden verschaffte Nenzing 2006 den Titel  "kulturfreundliche Gemeinde" der IG Kultur Vorarlberg. "Von oben herab kann Kultur nicht funktionieren", sagt Michael Mäser, der seit einigen Jahren für die Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. "Unsere wichtigsten Initiativen entstehen aus Eigenantrieb und sind nicht von der Gemeinde diktiert." Drei privat organisierte Festivals entwickelten sich zu den Zugpferden des kulturellen Lebens in Nenzing.

Beim internationalen Kurzfilmfestival "Alpinale" präsentieren Profis und Neulinge der europäischen Filmszene diesen Sommer zum 28. Mal ihre Werke und tauschen Ideen aus. Vergangenes Jahr lockten 37 Kurzfilme etwa 2300 Besucher zum Wettbewerb um das "Goldene Einhorn". Auch das älteste Jugendtheaterfestival in Österreich zieht unter dem Titel "Luaga & Losna" jährlich Theatergruppen aus ganz Europa an. Die Vorführungen ermöglichen Publikum aus dem ländlichen Raum einen Einblick in internationales Theatergeschehen.

Die Kunst- und Kulturplattform "Artenne" widmet sich aktuellen Themen aus der Region, wie der Lebensmittelproduktion oder dem Verschwinden der Nutzgärten. Verschiedenste Künstler verarbeiten diese Motive in Ausstellungen, Literaturmatineen und Workshops. "Die Wirkung von Kultur ist nicht messbar, aber sie trägt wesentlich zur Lebensqualität bei. Es gibt ein klares Bekenntnis der Gemeinde zu  unserer Arbeit", sagt Helmut Schlatter, Obmann der Artenne.

Bewusstsein für Umwelt und Soziales

Auch in den Bereichen Umwelt und Soziales verfolgt Nenzing hohe Ziele. Das Pflege- und Seniorenheim erhielt wiederholt das Nationale Qualitätszertifikat, weil es die Privatsphäre der Bewohner und Bewohnerinnen respektiert und ihre Biografie in der Pflege berücksichtigt. Momentan wird das Heim um einen Wohnbereich in Passivbauweise erweitert.

Als Mitglied der ersten Stunde im e5-Programm achtet Nenzing – wie die Zukunftsorte Zwischenwasser, Moosburg, Munderfing und Werfenweng – auf Energieeffizienz. Das erste Trinkwasserkraftwerk Österreichs versorgt alle Gemeindegebäude mit sauberem Strom und genügend Energie zum Heizen. Die Papiertonne, die direkt bei den Einwohnern abgeholt wird, spart jährlich 80.000 Autokilometer.

"Kreativität und Innovation sind die Waffen, gegen die es keine Gegenwehr gibt", ist Bürgermeister Florian Kasseroler überzeugt. "Was gut ist, setzt sich schließlich durch." Das gilt auch für die Ideen, welche im Netzwerk der Zukunftsorte entstehen. Für die Zukunft wünscht er sich, dass die Dorfgemeinschaft mit den Veränderungen im Ort mitwächst.

Nenzing: Vorzeigeprojekte und Erfolge

• Förderung der Mehrsprachigkeit durch Sprachförderungsprojekt „Sprachfreude“
• 2010 Würdigung der Vorreiterrolle des Ortes durch das Europäische Sprachen-Innovationssiegel (ESIS)
• Auszeichnung als 'Seniorenfreundliche Gemeinde 2006'
• seit 1998 Mitglied des e5-Programms für energieeffiziente Gemeinden (oder: seit 1998 e5-Gemeinde)
• hohe Dichte an Kulturveranstaltungen: „Luaga&Losna“, „Alpinale“ und „Artenne“
• Projekt Bergheimat erfasst alle wertvollen Biotope um Nenzing